Ängste erkennen und es wagen

Warum die Angst, Geld zu verlieren, ein Risiko ist

Ängste erkennen und beseitigen. Bei den Finanzen rationale Entscheidungen treffen anstatt sich von Emotionen leiten lassen.

Investieren an der Börse ist eine Jahrhunderte erprobte Alternative, um sein Vermögen zu erhöhen. Im 15. Jahrhundert entstand der Begriff „Börse“ im belgischen Brügge. Für viele potentielle Anleger ist die Börse immer noch weit weg vom Alltag.

Dabei ist das System relativ einfach zu erklären. Die Börse ist ein Zusammenspiel von drei Teilnehmern: Käufer, Verkäufer und Vermittler. An der Börse findet ein Austausch zwischen Kapitalgebern und Kapitalnehmern statt. Die eine Seite hat Geld, die andere Seite benötigt Geld.

Aktien, Aktienindizes und Unternehmens- und Staatsanleihen sind die häufigsten Formen der Investitionsmöglichkeiten. Der Handel von diesen Produkten findet über die Börse statt.

In der heutigen Zeit entscheiden sich immer noch viele Menschen in Deutschland für (scheinbar) sichere Anlageprodukte anstatt an der Börse zu investieren. Diese Entscheidung wird oft von Ängsten und Emotionen beeinflusst, die das rationale Denken überlagern. Somit spielt die Psychologie bei der Geldanlage eine wesentliche Rolle.

Dieser Blog-Artikel zeigt, wie in Deutschland an der Börse investiert wird und welche Unterschiede es zwischen Sparprodukten und Investments in den Kapitalmarkt gibt. Im Fokus des Artikels steht der Bereich der Verhaltensforschung. Es wird beleuchtet, warum Menschen nicht in den Kapitalmarkt investieren.

Wer diese Ängste erkennt und sich ihnen stellt, für den öffnen sich die Türen zu neuem persönlichem Wachstum. Es ergeben sich neue Möglichkeiten, die das Leben verändern werden.


Die aktuelle Situation in Deutschland
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Statistik zu Aktieninvestments in Deutschland

Immer mehr Menschen entdecken die Börse für sich, als Alternative zu Sparbuch & Co.

In 2022 waren laut dem Deutschen Aktieninstitut 12,9 Millionen Menschen in Aktien, Aktienfonds oder ETFs investiert. Dies ist eine Steigerung um 830.000 Aktienfondssparern zum Vorjahr, ein Plus von 1,6 Mio. Somit war jeder Fünfte Deutsche am Aktienmarkt engagiert, also rund 18,3 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Bei der Altersgruppe, jünger als 30 Jahre, haben 600.000 junge Menschen ihren ersten Schritt an den Aktienmarkt gewagt.

Es zeigt sich eine positive Entwicklung. Der bisherige Höchststand des Jahres 2001 an Aktiensparern wird übertroffen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen mit Inflation, politischen Unsicherheiten, Altersarmut und mangelnder privater Rentenvorsorge, um die wichtigsten aufzuführen, ist in meinen Augen in Deutschland Luft nach oben und weiterer Handlungsbedarf ist dringend erforderlich.

1 Deutsches Aktieninstitut

Sparprodukt versus Börse

Die tagesaktuellen Zinsen steigen seit Jahresbeginn laufend, gefördert von der EZB. Viele Deutsche investieren genau hier ihr Geld, in traditionellen Sparprodukte wie Sparbücher oder Festgeldkonten.

Mit einem Blick auf die aktuelle Situation bieten einige (Online-) Banken in Deutschland bis zu 3,5 Prozent Zinsen pro Jahr auf Tagesgeld an. Häufig begrenzt auf einen Zeitraum von 6 Monaten.

Beim klassischen Sparbuch liegt die Spanne zwischen 0,001 Prozent und 1 Prozent pro Jahr.

Diese Anlageprodukte bieten zwar bis zu einem bestimmten Grad Sicherheit, aber die Renditen sind in Wirklichkeit niedrig und können mit der Inflation nicht Schritt halten.

Ein Gegenstück zu den Sparprodukten ist der Börse. Diese bietet ein größeres Gewinnpotenzial und ist zugleich mit einem erhöhten und kalkulierbaren Risiko verbunden.

Ein Beispiel verdeutlicht die Brisanz der Thematik:

Es steht eine Anlagesumme von 100.000 Euro zur Verfügung. Bei dem Sparbuch fällt eine jährliche Rendite von 0,5 Prozent an. Nach einem Jahr haben sich 500 Euro an Zinsen angesammelt. Auf der anderen Seite könnte eine Investition in Aktien mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 7 Prozent zu einem Gewinn von 7.000 Euro führen.

Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Warum sind nun nicht deutlich mehr Menschen an der Börse investiert? Die Angst hält viele Menschen ab.

Angst oder reelle Gefahr?

Angst entsteht dadurch, dass nicht bekannt ist, was in der Zukunft passiert. Es wird von schlimmen Dingen ausgegangen, die in der Zukunft passieren könnten. Könnte ist eine Form des Konjunktiv. Er beschreibt eine Sache, die nicht real ist, sondern nur vorgestellt und somit irreal ist.

Die Angst ist wichtig. Sie gehört zu jedem Menschen. Sie schärft die Sinne. Sie schützt vor schnellen Entscheidungen. Aus der Angst heraus entwickeln sich Gedanken.
Und genau diese Gedanken führen häufig dazu, dass das Handeln ausbleibt, Träume nicht verfolgt werden und letztlich nicht das getan wird, was Freude und Spaß macht. Daher ist es wichtig, sich der Angst bewusst zu werden und ihr Beachtung zu schenken. Ob dann eine reelle Gefahr vorliegt ist, hängt von der rationalen Betrachtung des Themas ab.

3 Ängste, die Menschen abhalten zu investieren

1. Geldillusion
Eine der Ängste, die Menschen davon abhält, an der Börse zu investieren, ist die sogenannte „Geldillusion“.
Darunter ist zu verstehen, dass der nominale Wert des Geldes über den realen Wert des Geldes gestellt wird.

Für die meisten Menschen hat der Geldschein in der Hand immer den gleichen Wert – den nominalen Wert. Wird mit diesem Geldschein jedoch in verschiedenen Jahren eingekauft, hat der Geldschein aber nicht mehr den gleichen Wert. Dies zeigt alleine ein Blick in den Einkaufswagen. Verantwortlich dafür ist die Inflation. Diese ist seit Januar 2021 laufend angestiegen.

Bei dem Geldwert ist es daher wichtig, Inflation und Deflation einzurechnen. Wird Inflation und Deflation eingerechnet spricht man von realem Wert des Geldes. Im Rahmen einer sachlichen Betrachtung muss der reale Wert und nicht der nominale Wert des Geldes betrachtet werden.

Beispiel
Es liegen 100.000 Euro auf einem Sparkonto. Dies bietet eine jährliche Rendite von 1 Prozent und 1.000 Euro Zinsen. Obwohl die Rendite niedrig ist, steigt der Kontostand laufend und die Menschen fühlen sich sicher. Bei Berücksichtigung der Inflation verliert das Geld tatsächlich an Kaufkraft und Wert, während es auf dem Sparbuch liegt. Die Inflationsrate im Juni 2023 liegt gemäß Destatis bei 6,4 Prozent. Dies ist bei 100.000 EUR eine Geldentwertung von 6.400 Euro. Somit stehen 1.000 Euro Zinsen einer Inflation von 6.400 Euro gegenüber. Es ergibt sich ein Minus von 5.400 Euro.


2. Angst vor Verlust
Eine weitere emotionale Hürde beim Investieren ist die Angst vor Verlusten. Menschen haben eine natürliche Neigung, Verluste stärker zu fürchten als Gewinne zu schätzen.

Hierzu ein interessantes Beispiel einer Studie (Prospect Theory), durchgeführt von Daniel Kahneman und Amos Tversky. Für die damaligen Studie in 1979 mussten die Versuchspersonen zwischen zwei Optionen wählen, zum Beispiel:

  • eine 80-prozentige Wahrscheinlichkeit für den Gewinn von 4.000 Euro (also auch 20 Prozent Wahrscheinlichkeit für 0 Euro Gewinn) oder
  • eine 100-prozentige Garantie für 3.000 Euro Gewinn.

Es wurden dann die verschiedenen Entscheidungen miteinander verglichen, um Muster, nach denen die Entscheidungen getroffen werden, zu erkennen.

Kahneman und Tversky zeigten in ihrer Studie, dass Menschen sich nicht rational im Sinne eines festen Algorithmus aus Wert, Wahrscheinlichkeit und bereits bestehendem Vermögen entscheiden. Stattdessen werden Verluste stärker gewichtet als Gewinne. Außerdem sind Menschen risikoaffin in Bezug auf Gewinne, aber risikovermeidend in Bezug auf Verluste und können kleine Wahrscheinlichkeiten überschätzen.

Für die „Prospect Theory“ hatte Kahneman im Jahr 2002, als Tversky bereits verstorben war, den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhalten.

Statt Geld durch eine Anlage zu gewinnen, möchten viele Menschen lieber kein Geld verlieren.

Wie auch die Geldwertillusion, kann die Verlustaversion dazu führen, dass Menschen lieber gar nicht investieren. Ein Verlust, wenn auch nicht realisiert, schmerzt mehr, als dass ein potenzieller Renditezuwachs erfreut.

Viele Finanzinstitute machen eingehende Analysen über die Finanzmärkte, so dass fundierte Anlageentscheidungen getroffen werden können. Dennoch kostet es für viele Menschen Überwindung an die Börse zu gehen. Es muss damit gerechnet werden, dass nicht immer alles so kommt, wie erwartet.
Generell gilt: je länger der Investitionshorizont, desto grösser die Erfolgschancen.

Beispiel
Es wird in Aktien eines Unternehmens investiert. Wenn der Aktienkurs steigt, breitet sich ein gutes und glückliches Gefühl über den Gewinn aus. Aber wenn der Aktienkurs sinkt, kommen möglicherweise Ängste und Panik auf. Diese Angst vor Verlusten kann dazu führen, dass Menschen ihre Aktien zu früh verkaufen und damit tatsächliche Verluste realisieren.


3. Reuevermeidung
Regret Aversion, also die Reuevermeidung, ist eine weitere Emotion, die die Entscheidungen von Anlegern beeinflusst. Menschen neigen dazu, Handlungen zu vermeiden, die zu potenziellen Reuegefühlen führen könnten. Häufig werden Entscheidungen nicht basierend auf den Bedürfnissen gefällt, sondern weil Angst existiert, etwas zu bereuen. Dabei wird die Wahrscheinlichkeit überschätzt, effektiv Reue zu spüren.

Bei der Entscheidung, das erste Mal zu investieren, kann Reue ebenfalls eine große Rolle spielen. Wird eine Investition getätigt, ist dies eine aktive EntscheidungWird nicht investiert, dann wird keine Entscheidung getroffenDies kann sogar dazu führen, dass mit Geldanlegen nicht begonnen wird, weil befürchtet wird, dass in Zukunft die Investitionsentscheidung wegen möglicher Verluste bereut wird.

Beispiel
Vor einem Jahr gab es die Möglichkeit in eine Aktie zu investieren, aber es wurde versäumt. Zwischenzeitlich ist der Aktienkurs gestiegen und potenzielle Gewinne wurden verpasst. Die Angst vor Reue kann dazu führen, dass auch in Zukunft keine Investitionen erfolgen, um sich selbst vor möglichen negativen Gefühlen zu schützen.

Zusammenhang zwischen Emotionen und Investitionsentscheidungen

Laut dem renommierten Verhaltensökonomen Daniel Kahneman sind Denken und Handeln beim Investieren nicht nur rational, sondern hauptsächlich emotional geprägt. Jede Entscheidung wird von einer Vielzahl von Emotionen beeinflusst, und oft handeln wir gegen unsere eigenen finanziellen Interessen.

Kahneman hat in seiner Studie gezeigt, dass Menschen dazu neigen, aufgrund von Verlustängsten risikoarme Entscheidungen zu treffen, anstatt die Chance auf höhere Renditen zu nutzen. Diese Angst führt dazu, dass die Menschen sich auf sicherere Anlageprodukte konzentrieren, die allerdings langfristig nicht die gewünschten Renditen erzielen.

Die Angst vor der Börse ist somit einer der Hauptgründe dafür, dass viele Menschen in Deutschland immer noch mit vermeintlich sicheren Anlageprodukte sparen. Die emotionalen Aspekte des Investierens sind nicht zu vernachlässigen. Wenn wir verstehen, wie unsere Emotionen unsere Entscheidungen beeinflussen, können wir rationalere Entscheidungen treffen.

Es ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass die Börse zwar Risiken birgt, aber auch enorme Chancen bietet, um das Vermögen zu steigern. Und so geht es weg von der Angst zu den reellen Gefahren. Weg von der Emotion hin zur Ratio.

Es gibt eine großartige Nachricht: nichts ist auf immer und ewig festgelegt, alles kann verändert werden. Auch Emotionen. Wie die Veränderung funktioniert und wie der erfolgreiche Einstieg an der Börse gelingt, können Anleger selbst beeinflussen. Dies wird im nächsten Blog-Artikel näher erläutert.

„Wenn du eine bessere Rendite als die Masse haben willst, musst du anders handeln als die Masse.“

John Marks Tempelton, britischer Unternehmer und Fondsmanager

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